

Von TOBIAS
MORCHNER Köln - Alle reden vom Niedrigwasser und dem
historischen Tiefstand von Vater Rhein. Nur einer nicht: Der
Kölner Hochwasser-Experte Reinhard Vogt. Er warnt bereits
jetzt vor einer neuen Jahrhundert-Flut zum Jahreswechsel in
Köln.
Ein Blick
in die Wasserstands-Statistik lässt Vogt zu diesem Urteil
kommen: „Vor einem extremen Hochwasser hat es immer ein
extremes Niedrigwasser gegeben“, so Vogt. Noch rechne er damit,
dass die jetzige Niedrigwasser-Periode noch bis November
anhalten wird. Und weil sich in der Natur alles immer
ausgleicht, folgt aller Wahrscheinlichkeit anschließend eine
lang anhaltende Nassperiode. So viel Wasser auf einmal kann
der Rhein nicht verkraften, also tritt er über die Ufer, und
wir bekommen nasse Füße.“ Das Szenario, das Reinhard Vogt
hier aufzeigt, hat es in der Hochwasser-Geschichte Kölns
schon mehrfach gegeben.
Zuerst 1947: Da sank der Rheinpegel zuerst bis auf 0,83 Meter
- bis zu diesem Jahr der niedrigste Wasserstand bisher. Zum
Jahreswechsel 1948 kletterte der Pegel dann bis auf 10,41
Meter. Eine zusätzliche Erschwernis für die Helfer damals:
Die zerbombten Rheinbrücken behinderten den Abfluss des
Wassers.
Auch vor den Jahrhundert-Fluten Anfang 1995 hatte der Fluss
lange extremes Niedrigwasser gehabt. Dann regnete es
tagelang, die Schneeschmelze in den Mittelgebirgen kam dazu,
und der Rheinpegel kletterte auf 10, 69 Meter.
Am 29. September dieses Jahres fiel der Pegel noch tiefer.
Erst beim historischen Tiefstand von 0,80 Metern stieg das
Wasser im Rhein wieder an. „Deshalb weise ich bereits jetzt
darauf hin, was uns eventuell um die Silvesterzeit droht“,
sagt Vogt.
Er und seine Mitarbeiter sind auf das anstehende Hochwasser
gut vorbereitet: „Wir sind und bleiben wachsam, haben alle
Schieber gewartet und die Hochwasserpumpwerke überprüft.“
Allerdings macht er keine genauen Prognosen darüber, wie hoch
die Fluten steigen könnten: „Das wäre nun wirklich Leserei im
Kaffeesatz“, so Vogt.
Verzögerung bei Schutzmaßnahmen
PROJEKTE
Laut
Stadt verhindern Einsprüche bislang Umsetzung des Konzeptes
Köln
— Alle
(paar) Jahre wieder kommt die Flut - und immer gibt es in Köln
Diskussionen um Maßnahmen zum Schutz gegen das Wasser. „Ich
bin nicht glücklich, dass der erste Spatenstich für das
Hochwasserschutzkonzept immer noch nicht erfolgt ist. Dabei
sollte es doch bis 2005 umgesetzt sein“, sagt
Hochwassserpapst Reinhard Vogt.
64 Kilometer Hochwasserschutzanlagen im Kölner Stadtgebiet
sind zu bauen, dafür wurden 22 Planfeststellungsverfahren
durchgeführt. Nur zwei davon sind vom Regierungspräsidium
bislang noch nicht beschieden. Aber nur die Anlage in Deutz
wurde umgesetzt. Den schwarzen Peter hat die Stadt. „Die
nächste Baumaßnahme geht 2004 in Worringen los“, sagt
Stadtsprecher Jürgen Müllenberg. Gegen die Sofortmaßnahmen Rodenkirchen, Leinpfad und Marienburg bis Bayenthal sind noch
Klagen anhängig. „Die Planungen führen leider zu Einschnitten
bei den Bürgern. Deren Einsprüche haben den Bauprozess
verzögert“, so Müllenberg. Da protestiert Gerhard Müller von
der Bürgerinitiative Hochwasser Rodenkirchen: „In Sachen
Hochwasserschutz hat sich die Stadt eine einmalige Serie von
Pannen und Misserfolgen geleistet. Seit 10 Jahren lässt
man uns mit der Bedrohung sitzen. Ich habe Angst vor dem
kommenden Hochwasser. Bis 1000 Häuser und Existenzen können
dann untergehen."
 |
Anfang Januar in
Rodenkirchen: Bei 9.71 Meter tritt der Rhein über die
Dämme.
Foto: Jens Koch |
 |
Der letzte Schutz:
Feuerwehrmänner errichten mobile Barrikaden in
Rodenkirchen.
Foto: Roland Scheidemann |
|
|